(Nachdem ich hier im 'Hafen bei mehreren Rezensions-Beiträgen, zuletzt für Ahsoka, gegen zuviel Fan-Service wetterte, fand ich lustig, dass ich nun beim Sehen des 2. Kinofilms zur Titelheldin dieses Threads absolut auf genau jenen Service bezügl. der großartigen deConnick-Heftreihe dazu abfuhr! Daher hab ich mich entschlossen, mal meine Zurückhaltung zum Posten von Comic-Verfilmungen im 'Hafen zu durchbrechen, und beide Filme heute zu besprechen! Beim 1. Film - diesem hier - reduziere ich das allerdings auf sekundäre Themen, wenn ich darf, denn den Film selbst hab ich in einem SF-Forum, das der 'Hafen-Gründer und ich früher mal öfter frequentierten, vor 4 Jahren in vielen Posts dort besprochen - der erste nach Sehen des Films fand schon dass Larson perfekt gecastet sei...)

Captain Marvel (hiernach einfach CM) ist eine Ur-Figur des Marvel-Gesamtwerks, v.a. in den Papierheften. In männlicher Form, als ein Kree*-Kämpfer der unversehens mit besonderen Fähigkeiten ausgestattet wurde, u.a. kosmischem Bewusstsein (!), war die von Jim Starlin gezeichnete und getextete Sequenz die mit dem breitesten Scope aller damaligen Marveltitel und unglaublichen Schicksalsschlägen (z.B. das Heft als er versuchte, seine geliebte Uma wieder zu beleben). Irgendwann aber war er nicht mehr so sehr beliebt, und starb dann später den endgültigen Heldentod; davor hatte er aber noch gegen einen mächtigen Möchtegern-Weltenbeherrscher von seinem Planeten gekämpft, und dort wurde eine irdische Pilotin, Danvers, beim gewaltsamen Tod dieses schlimmen Fingers durch eine gewisse Strahlung zur flugfähigen "Ms. Marvel" mit energie-geladenen Fäusten - einer superheldischen Ikone der emanzipierten Miss, die Gloria Steinem zeitgleich als neues feministisches Ikon publizierte, nachempfunden. (Yep, das war in den 70ern! )

Später wurde diese Heldin zu einem Avenger, und nach einem besonders heftigen Kampf schlug Capt. America ihr vor, den brachliegenden Titel des einstigen Kree-Helden zu übernehmen. Sie überlegte sich das eine ganze Weile, tat es dann aber, und von da an gab es die weibliche Variante: Capt. Marvel, Version II. (Links im folgenden Bild; am rechten Rand als die vorherige Ms. Marvel.)


Im MCU, nun, übernahm Oscar-Preisträgerin Brie Larson nach einigem Zögern die ihr angebotene Rolle, und deren Werdegang - auch zur letztendlichen etwas "eye candy"-loseren Uniform hin, s. zentrale Figur im Bild und auch im Clip oben im Thread - wurde in diesem 1. Film stark verkürzt. Larson, die sich aber schon vorher hervorgetan hatte mit feministischem Einsatz, war sich evtl. der Vorgeschichte der Vn.II-Figur bewusst, und spielte CM daher zurückhaltend, und im Film ihre eigene starke Persönlichkeit entwickelnd, ungeachtet der Erwartungen ihrer (korrupten) Kree-Vorgesetzten; in Interviews äußerte sie sich ab & an durchaus kritisch darüber, wenn Reporter machohafte Fragen stellten, und bestand nach kurzer Zeit sogar darauf, dass die Reporterschaft bei Film-PR-Tour-Auftritten repräsentativer wird, mehr Frauen, mehr PoC. Das sogar noch vor dem Filmstart.

Prompt wurde der Film von Altgestrigen, v.a. in den USA, mit allen modernen "sozial"-medialen Mitteln möglichst angeschwärzt, auch natürlich sie als Person. Am unfairsten fand ich, dass der Film "review-bombarded" wurde, also sich herum sprach, dass er langweilig sei, und sie schlecht schauspielerte darin. Zum Glück reagierten ihre Schauspiel-Kollegen so, dass für den folgenden Avengers-Film - für den CM ja plotmäßig hinein geholt wurde um besser gegen den mächtigen Genozidalen-"Eternal" Thanos zu bestehen - so getan wurde, als würde Larson ständig Irritation/Streit verursachen; als die Medien teilweise dieses Fake-Skandälchen immer stärker übernahmen, outeten die Kollegen - besonders cool dabei: Don Cheadle - nach & nach dass sie das nur gespielt hatten... Damit wurde gezeigt, wie gerüchte-geil die Reporterschaft und leider viele "Fans" drauf sein können. (Ob dieser folgende, von mir sehr geliebte, Gesangs-Clip der neuen Avengers inkl. CM vom Text her ein ganz klein wenig darauf anspielte?)


Leider war der Disney-Machtmensch Iger damals wohl von Larsons Verhalten nicht gerade erpicht; danach verschwand er eine Weile lang (ich freute mich & hoffte auf bessere/vielfältigere MCU-Oeuvres deswegen), ist aber inzwischen wieder am Steuer des Medien-Molochs...

Evtl. wg. Larsons Aufrichtigkeit und der Tatsache, dass dies der 1. MCU-Film mit einer weiblichen Leitfigur^ war, aber sicher auch wg. dem abrupten Plot-Ende des vorherigen Avengers-Films, erreichte der Film trotz allem den unglaublichen weltweiten Umsatz von mehr als einer Milliarde $!

Auch deshalb war klar, dass es ein Sequel geben würde (das gestern an den Start ging)... Larson jedenfalls wurde zum Superstar, startete eine Twitter-Präsenz und Youtube-Kanal, produzierte mit einer langjährigen Freundin einen Podcast, und führte zum 1. Mal in ihrem Leben Regie, in einem Netflix-Film, u.a. mit ihrem Echtleben-Kumpel Sam Jackson in einer Rolle! D.h. auch dass die Brie Larson, die nun im Sequel auftritt, in echt wohl eine deutlich selbstsicherere & abgebrühtere Person ist, als zur Zeit dieses 1. Films hier. Ich finde das sieht man ihr im 2. Film an, & hoffe dass sie weiterhin Erfolg hat. (Und dem lädierten MCU, gesteuert von einem kommerzieller gewordenen Disney, nicht den Rücken kehrt!)

Fazit: Im 1. Film war der Plot halbwegs interessant, die Dialoge teils cool, es gab eine großartige schwesterliche Wiederfindungsszene (kurz vor dem obigen Clip BTW) und die Action und CGI lobenswert... => -- Aber halt, der Papier-Fan in mir war ja auch ab einem gewissen Punkt nur noch leise staunend in etwas Anderem am schwelgen, einem großartigen "twist" auf der Leinwand im Wesen bestimmter Wesen... - dadurch kommt ein fannischer weiterer Punkt hinzu!

Letztendlich also: !!!

Find' ich toll, dass Du ein bisschen Deiner Comic(film)leidenschaft ins Hafenkompendium gegossen hast...! (Vielleicht lockt es ja andere Marvel-Bienen eines Tages an...)

Ich muss allerdings leider sagen, dass mich Captain Marvel relativ wenig als Figur abgeholt hat, da ich sie ein wenig "Mary Sue"-mäßig empfand; zumindest finde ich, dass die Schwächen, die sie vielleicht hat (charakterlich und physisch), eher so Platzhalter im Sinne von 'Wir müssen eine komplexe Figur darstellen' sind -- und nicht Grundlage einer wahrhaftigen Komplexität. Generell ist klar: Diese Frau ist sehr, sehr, sehr stark.

Ein bisschen kam mir Brie Larsons Figur so vor wie Superman bei DC -- war das vielleicht dereinst von Marvel so gedacht? -- und den konnte ich auch nie wirklich leiden. Übermächtiger Supermensch im Konflikt mit dem Chaos des Universums...da kann ich mich nur schwer reinfinden. Immerhin ist es hier eine Frau, das finde ich einen Pluspunkt.

Aber gut, nach all der Kritik an der Figur selbst: Der Film war immerhin mit einigem Herz versehen, was m. E. vor allem an der Rolle von Lashana Lynch lag. Diese schwesterliche Kampfpilot:innen-Storyline, die hat mir schon gefallen. Daher hat mein  immerhin ein  ...

(Nein, im Film ist sie wirklich über-energiesiert! In den Comics kann sie nur beliebige Energie schadlos absorbieren/speichern - immerhin! - und dann über die Hände abstrahlen, zur Not auch als eine Art Plasma, also antriebsfähig; wg. Letzterem kann sie da z.B. fliegen. Es gibt allerdings eine viel mächtigere Version, Binary - s. die untere Figur im Bild, oben - wo sie praktisch so eine Art Schwarzes-Loch-/Weiße-Quelle-Generator ist, also nun beliebig viel Energie erzeugen kann, überall am Körper; wannimmer sie letzteres tut, glühen auch ihre Augen! -- Im Film war sie also alles zusammen & bleibt auch so; auf Papier gab sie irgendwann das Hyper-Dasein auf, weil sie u.A. damit nicht umgehen konnte. Insofern ist der "Mary Sue"-Vorwurf zum Film einigermaßen passend; das fand ich auch nicht so schlau von Feige & Co.. Warum das MCU manchmal Frauen derart extrem aufmotzt - s. auch Secret Invasion - weiß ich nicht, außer evtl. Trotz gegen die schon vorab ewig herum-mäkelnden Macho-Fans, nach dem Motto "die haben aus einem männlichen Helden extra fürs MCU eine Frau gemacht" (sic) ?)